
Im Folgenden werden alle relevanten Aspekte im Zusammenhang mit der Kündigungsschutzklage trotz Vorhandensein eines Sozialplans erläutert:
Kurzum: Kündigungsschutzklage birgt wenig Risiken und lohnt sich in der Regel.
1. Was ist ein Sozialplan?
Ein Sozialplan ist ein rechtliches Instrument im Arbeitsrecht, das bei Betriebsänderungen angewendet wird, um wirtschaftliche Nachteile der Arbeitnehmer auszugleichen oder zu minimieren. Bei der Erstellung des Sozialplans strebt der Betriebsrat an, für jeden betroffenen Arbeitnehmer optimale Regelungen zu erreichen. Es gibt keine konkreten gesetzlichen Vorgaben zum Inhalt des Sozialplans, und die beteiligten Parteien können weitgehend selbst bestimmen, welche Vereinbarungen der Sozialplan enthalten soll. Typischerweise regelt ein Sozialplan Punkte wie
– Abfindungen,
– den Wechsel in eine Transfergesellschaft,
– die Übernahme von Umzugs- und zusätzlichen Fahrtkosten,
– die Übernahme von Bewerbungskosten
– Ausgleichszahlungen bei der Übertragung von gering bezahlten Tätigkeiten.
Bei der Erstellung des Sozialplans muss der Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet werden, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer in ähnlichen Situationen nicht ohne triftigen Grund unterschiedlich behandelt werden dürfen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sich an die Vereinbarungen des Sozialplans zu halten, und die Arbeitnehmer können Ansprüche aus dem Sozialplan unmittelbar geltend machen, die gegebenenfalls auch vor Gericht durchgesetzt werden können.

2. Wann ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, einen Sozialplan aufzustellen?
Ein Sozialplan ist nicht bei jeder betriebsbedingten Kündigung erforderlich. Die Verpflichtung zur Erstellung eines Sozialplans besteht nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 111 bis 113 BetrVG), darunter:
– Der Arbeitgeber plant eine Betriebsänderung, die erhebliche wirtschaftliche Nachteile für einen großen Teil der Belegschaft mit sich bringt.
– Der Betrieb verfügt über einen vorhandenen Betriebsrat.
– Es sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt.
– Das Unternehmen besteht seit mindestens vier Jahren.
Die Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sollten idealerweise beginnen, sobald klar wird, dass eine Betriebsänderung unvermeidlich ist. In diesen Verhandlungen werden sowohl der Sozialplan als auch der Interessenausgleich besprochen. Wenn keine Einigung erzielt wird, kann entweder der Arbeitgeber oder der Betriebsrat ein Einigungsstellenverfahren einleiten. Dieses dient als Vermittler zwischen den beiden Parteien, und wenn auch dies nicht erfolgreich ist, erstellt die Einigungsstelle einen Sozialplan, der als „erzwungener“ Sozialplan bezeichnet wird.
3. Welche Rolle spielt der Interessenausgleich?
Der Interessenausgleich unterscheidet sich vom Sozialplan, da er regelt, ob und in welchem Umfang eine Betriebsänderung stattfindet. Während der Sozialplan die Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer regelt, klärt der Interessenausgleich Fragen zur Umverteilung von Arbeit, zur Stilllegung von Betriebsteilen und zur Schaffung neuer Arbeitsbedingungen. Der Interessenausgleich wird in einem mehrstufigen Verfahren von Arbeitgeber und Betriebsrat ausgearbeitet. Sobald der Arbeitgeber festgelegt hat, welche Maßnahmen er ergreifen möchte, informiert er den Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung. Anschließend verhandeln der Betriebsrat und der Arbeitgeber über den Interessenausgleich und den Sozialplan. Wenn keine Einigung erzielt wird, können die Parteien die Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung bitten oder das Einigungsstellenverfahren einleiten. Die Ergebnisse dieser Vermittlungen sind jedoch nicht verbindlich.
Im Gegensatz zum Sozialplan muss der Interessenausgleich nie abgeschlossen werden, aber die Parteien müssen zumindest versuchen, eine Vereinbarung zu erzielen. Wenn der Interessenausgleich zustande kommt, sind beide Parteien verpflichtet, sich an die Vereinbarungen zu halten. Der Arbeitgeber kann beispielsweise die geplante Betriebsänderung nur im Rahmen und zu dem Zeitpunkt durchführen, wie es im Interessenausgleich festgelegt wurde. Wenn sich der Arbeitgeber nicht an die Einigung hält oder gar nicht erst zu einer Einigung kommt, kann er arbeitsrechtlichen Sanktionen ausgesetzt sein. Arbeitnehmer, die gekündigt werden, können eine Abfindung einklagen, und bei weiteren wirtschaftlichen Nachteilen können sie einen Ausgleich dieser Nachteile für bis zu zwölf Monate beantragen. Es ist jedoch zu beachten, dass Arbeitnehmer, die im Interessenausgleich genannt werden, einen verringerten Kündigungsschutz haben. Trotzdem kann es sich lohnen, gegen die Kündigung zu klagen.
4. Wie hoch ist meine Sozialplanabfindung?
Wie hoch die Abfindungen im Sozialplan ausfallen, lässt sich nicht grundsätzlich festlegen. Dies hängt vor allem von den Verhandlungsfähigkeiten des Betriebsrats ab. Das Gesetz macht hierbei keine festen Vorgaben. Wenn der Sozialplan bereits vorliegt, können Sie die Höhe der Abfindung dort errechnen. In der Regel verwendet man eine Abfindungsformel, bei der folgende Kriterien von Bedeutung sind: das Lebensalter des Arbeitnehmers, die Unterhalsverpflichtungen und die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Darüber hinaus gibt es in der Regel zusätzlichen Zahlungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen. Viele Arbeitgeber integrieren in den Sozialplan auch sogenannte Sprinter- bzw. Turboklauseln. Sie besagen, dass Arbeitnehmer, die das Unternehmen bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist verlassen, eine zusätzliche Zahlung erhalten.

5. Lohnt es sich trotz eines Sozialplans eine Kündigungsschutzklage zu erheben?
Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Kündigung besteht in der Regel kein Risiko für den Arbeitnehmer, da bei einer Klageabweisung die Sozialplanabfindung trotzdem erhält. Diese Praxis führt dazu, dass es in Situationen, in denen ein Sozialplan existiert, in der Regel ratsam ist, Klage zu erheben. Arbeitgeber neigen nämlich dazu, zusätzliche Abfindungen anzubieten, um das Arbeitsverhältnis doch noch zu beenden.
Bei einer Massenentlassung ist der Arbeitgeber in der Regel dazu verpflichtet, einen Sozialplan zu erstellen. Doch auch wenn ein Sozialplan vorliegt, müssen Sie als Arbeitnehmer die Kündigung nicht hinnehmen. Es gibt nämlich die Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Diese zielt in erster Linie darauf ab, dass der Arbeitnehmer seinen Job behält. Oftmals enden Kündigungsschutzklagen hingegen damit, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer einen Vergleich schließen, welcher die Zahlung einer Abfindung beinhaltet.
Sofern ein Sozialplan erstellt wurde, beinhaltet dieser für gewöhnlich auch die Vorgaben für Abfindungen. Arbeitnehmer können mit einer Kündigungsschutzklage jedoch meist eine höhere Summe erzielen als im Sozialplan vereinbart wurde.
Insbesondere unter folgenden Voraussetzungen kann sich eine Kündigungsschutzklage trotz Sozialplan lohnen:
- Es gab einen Fehler bei der Abwicklung der Massenentlassung:
Es gibt gewisse gesetzliche Vorgaben, die der Arbeitgeber bei der Abwicklung einer Massenentlassung berücksichtigen muss. So muss er gemäß § 17 Abs. 1 KSchG beispielsweise vor einer geplanten Massenentlassung die Agentur für Arbeit informieren, vorausgesetzt die Kündigungen überschreiten gewisse Schwellenwerte, die sich von der Gesamtzahl der Angestellten im Betrieb ableiten lassen. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Betriebsrat möglichst früh über die geplante Massenentlassung in Kenntnis zu setzen und ihn umfassend einzubeziehen. Der Betriebsrat muss also nicht nur früh, sondern auch in vollem Umfang über die Massenentlassung informiert werden. Tatsächlich werden bei diesen Verfahrensschritten häufig Fehler gemacht. Der Arbeitgeber muss hierbei nämlich auf jede Einzelheit des Verfahrens achten. Ein fehlerhaftes Verfahren ist jedoch vorteilhaft für die Arbeitnehmer, da die Kündigungen so unwirksam werden.

- Der Arbeitnehmer möchte das Unternehmen möglichst schnell verlassen:
Wenn Sie bereits eine neue Stelle in einem anderen Unternehmen gefunden haben, können Sie versuchen, eine höhere Abfindung von Ihrem Arbeitgeber zu fordern. In manchen Fällen möchte der Arbeitgeber auch, dass der Arbeitnehmer das Unternehmen möglichst bald verlässt und ist dementsprechend bereit zu verhandeln und die Abfindung zu erhöhen. Manchmal gibt es im Sozialplan bereits eine Klausel über eine sog. „Turboprämie“. Sie besagt, dass Arbeitnehmer, die Unternehmen bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist verlassen, eine höhere Abfindung erhalten.
- Die Sozialwahl wurde falsch durchgeführt:
Bei einer Massenentlassung werden die Arbeitnehmer in der Regel mit ordentlichen betriebsbedingten Kündigungen entlassen. Der Arbeitgeber ist deshalb dazu verpflichtet, vor der Massenentlassung eine sogenannte Sozialauswahl durchzuführen. Die Massenentlassung sollte dadurch vorrangig Arbeitnehmer treffen, die durch die Kündigung einen möglichst geringen wirtschaftlichen Verlust davontragen. Der Arbeitgeber muss bei der Sozialauswahl unter anderem das Lebensalter, die Unterhaltungsverpflichtung, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und, falls vorhanden, die Schwerbehinderung der Arbeitnehmer berücksichtigen. Wenn der Verdacht besteht, dass dem Arbeitgeber bei der Sozialauswahl Fehler unterlaufen sind und Sie deshalb zu Unrecht entlassen wurden, sollten Sie so schnell wie möglich einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen. Die Chancen auf eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage bzw. die Aushandlung einer höheren Abfindung stehen in diesem Fall sehr gut.
- Der Arbeitnehmer kann zu einer Transfergesellschaft wechseln:
In manchen Fällen wird im Sozialplan festgelegt, dass die Arbeitnehmer in eine sogenannte Transfergesellschaft wechseln. Ihre Aufgabe ist es, die Arbeitnehmer bei der Suche nach einer neuen Stelle zu unterstützen. Der Arbeitgeber darf im Sozialplan übrigens nicht eine “Entweder – Oder”-Klausel zwischen dem Eintritt in eine Transfergesellschaft und einer Abfindung einbauen. Hier kann man mit einer Kündigungsschutzklage möglicherweise eine höhere Abfindung erzielen.
- Der Arbeitnehmer genießt einen besonderen oder tariflichen Kündigungsschutz:
Einige Arbeitnehmergruppen profitieren vom einem Sonderkündigungsschutz, welcher weit über den allgemeinen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes hinausgeht. Zu diesen Arbeitnehmergruppen zählen unter anderem: Mitglieder des Betriebsrats, Schwerbehindertes, Datenschutzbeauftragte, Eltern in Elternzeit, Auszubildende und Schwangere. Der Arbeitgeber ist bei manchen dieser Arbeitnehmergruppen gesetzlich dazu verpflichtet, vor einer Kündigung eine Genehmigung bei der entsprechenden Behörde einzuholen. Bei anderen Gruppen kann der Arbeitnehmer nur aus einem wichtigen Grund entlassen werden. Die Wahrscheinlichkeit auf eine Weiterbeschäftigung oder eine (höhere) Abfindung liegt bei Arbeitnehmern mit Sonderkündigungsschutz dementsprechend sehr hoch.

6. Was ist, wenn es keinen Sozialplan gibt?
Wie erwähnt, wird bei einer Massenentlassung für gewöhnlich ein Sozialplan erstellt. Wenn jedoch kein Sozialplan vorliegt, ist davon auszugehen, dass die Belange der Arbeitnehmer höchstwahrscheinlich nicht ausreichend berücksichtigt wurden. In manchen Fällen wird ein Sozialplan aber möglicherweise gar nicht benötigt, da die Schwellen des § 112a BetrVG nicht überschritten werden. Es trotzdem grundsätzlich empfehlenswert bei einer Massenentlassung ohne Sozialplan Rechtsrat einzuholen.
Erfahren Sie mehr über den Sozialplan von unseren Fachanwälten für Arbeitsrecht in Schenefeld, Pinneberg, Elmshorn, Quickborn und Uetersen! Falls Sie noch mehr über den Sozialplan erfahren möchten oder sich von unseren Anwälten bezüglich einer juristischen Angelegenheit beraten lassen möchten, können Sie uns gerne jederzeit telefonisch, per E-Mail oder über unser Kontaktformular erreichen.